Der Schleppverband der Pauls hat wenige Kilometer auf der Saone in den Wintermonaten zurückgelegt, da sprießen auch schon wieder die ersten Gräser aus dem Boden und Blätter an den Bäumen. Wie erwartet, wird es sehr schnell wärmer und der Frühling hält seinen Einzug.
Auf der Saone werden nach Ankündigung im Internet für einige Wochen die Schleusen wegen Reparaturarbeiten geschlossen. Der Schiffsführer Paul behält alles genau im Auge und ist nach seiner Frankreich Erfahrung immer bestrebt etwas früher als angesagt überall durch zu fahren.
Doch hinter der kleinen Stadt Auxonne, schnappt eine weitere Schleusen Sperrung unangekündigt zu. Nach Aussage der VNF Behörde, sollte man sich sehr genau im Netz unter der Rubrik Sperrungen belesen, damit es keine Komplikationen gibt. Trotzt der sprachlichen Hürde, besteht Paul auf Klarheit in dieser Angelegenheit, denn nach seinen Recherchen stand nichts unter der Rubrik Sperrungen von dieser Schleuse drin.
Nach einigen Telefonaten, wird von der Behörde ein Fehler eingeräumt, der zur Folge hat, dass die Pauls mehr als einen Monat warten müssen, bis diese eine Schleuse wieder in Takt ist.
Wartezeit sinnvoll nutzen
Die Pauls sind warten (wie zum Beispiel auf der „Expedition Donau-Alaska“, elf Monate an der Nordwest Küste Islands zur Überfahrt nach Grönland) gewöhnt und wissen sofort, mit solch einer Zeit etwas anzufangen.
In diesem Fall haben sich mehrere Schiffe aus einem nahe gelegenen Hafen zur Reparatur und zum Service angemeldet.
Motorschiffe und auch Segelboote doggen seitlich an den Schiffen der Pauls an und freuen sich ohne jeglichen Aufwand, wie lange Wartezeiten oder aufwendige Krantermine, bedient zu werden.
Das Wetter lässt keine Wünsche offen, sodass mit dieser Beschäftigung die Zeit wie im Flug vergeht.
Trocken und heiß
Die Pauls nehmen sich trotzt dieser Zeitbremse vor, alle abhängig vom Tiefgang ihrer Schleppschiffes einmündenden Zuflüsse der Saone und der Rhone zu erkunden.
Der aus der Schweiz kommende Fluss Doubs der auch den canal du Rhone au Rhin speist ist ein sehr tiefer und ungezähmter Fluss. Er bringt sehr kühles Wasser zu Tal und kann nach heftigen Regenfällen Meter hoch ansteigen und so allerhand Treibgut wie dicke Baustämme und Gestrüpp mit sich führen.
In diesen Fluss flüchten die Pauls von ihrem südlicher gelegenen Standort zurück, weil der Sommer mit über 40° Außentemperatur kaum Wind und 28° Wassertemperatur, zu heiß für sie wurde.
Sie haben sich zwar schon etwas gegenüber ihrem 16 jährigen Arktisaufenthalt akklimatisiert und aufgewärmt, doch fehlt ihnen bei solch Temperaturen die Erfahrung.
Das Schiff beschatten und die Klimaanlage einsetzen funktioniert nicht, weil durch das warme Wasser und die zusätzliche Wärme des laufenden Generators der Smelne Stahl so aufgeheizt wird, dass keine Kühlung möglich ist.
Wasserkühlung von außen
Entscheidende Idee, ist das Schiff erst gar nicht so heiß werden zu lassen. Es wird mit einer starken Wasserpumpe, Wasser vom Grund des Flusses gefördert, welches komplett den Gangbord unter Wasser setzt, damit die Sonne keine Aufheizmöglichkeit bekommt.
Die Ablauflöcher des Gangbordes werden vom Eigner verschlossen, damit sich eine Wassersäule bilden kann, die ständig durch das kühle Grundwasser des Flusses ausgetauscht wird. Das flüssige Element läuft auch stellenweise am Rumpf runter und kühlt noch zusätzlich. Abends wird die durch den Fluss runter gekühlte Außenluft via Ventilator ins Schiff geblasen. Etwa drei Wochen nehmen die Pauls diese Herausforderung an. Sie sind sich aber einig, dass es Arbeitsintensiver ist mehrere Monate in der Arktis zu überwintern als einige Wochen im Süden zu übersommern.
Ferner hat diese kleine Zeitverschiebung für die Pauls noch einen Vorteil, dass sie dadurch aus der Urlaubshochsaison und den tausenden Touristen tiefer im Süden, entfliehen konnten.
Seltsame Begegnung
Bei einem Sportenduro Ritt in den umliegenden Bergen der Rhone, für den Erhalt von Übersichtsfotos, trifft Paul ein ungewöhnliches, nicht harmonierendes Gespannt. Ein Wanderer und sein bepackter Esel, halten zusammen nicht Schritt.
Der ehemalige Land- und Forstwirt Paul, der auch Kenntnisse in der Holzrückarbeit zu Pferd hat, sieht das der Esel in einem schlechten, gesundheitlichen Zustand ist. Er überredet den Pilger zusammen mit seinem Esel seine Flotte aufzusuchen. Hier will Paul dem Esel einschließlich seinem Geschirr einen kostenlosen „Service“ zu kommen lassen.
Bei der Begutachtung des Fells ertastet Paul viele Eiterbeulen, aus denen Dornen und verschiedene andere Teile ausgedrückt werden. Durch das Tragegeschirr, welches nicht korrekt auf das Tier eingestellt ist, sind einige Scheuerstellen auf der Haut des Esel entstanden. Paul verändert die Geometrie des Gestells und verbreitert den Bauchgurt durch einen von ihm handgenähten Köcher aus stabilen Teppich und versorgt medizinisch die gefährdeten Hautstellen. Die vorderen Hufe sind sehr dünn abgelaufen, sodass eine weitere Wanderung auf Asphalt nicht mehr möglich ist. Bei den hinteren wurde dieses zu spät erkannt und der Pilger musste in der Not dem Esel pass ungenaue Kunststoff Schuhe anlegen. Diese Schuhe haben mit ihrem Halteseil aus dünnem Stahl die Hufe aber seitlich stark beschädigt.
Paul hat nach einer von ihm angefertigten Schablone eine dicke Einlegesohle aus seinem dicken strapazierfähigen Teppich angefertigt und den übrigen Schuhe so ausgepolstert, dass der Huf wenig Spiel hat. Zusätzlich entfernt der ehemalige Landwirt tief eingetretene Steine und Nägel aus den Hufen damit der Esel beim gehen keine Schmerzen mehr erleidet. Schon nach kurzer Zeit stellt der Esel wieder die Ohren und läuft dem Paul an durchhängender Führungsleine hinterher.
Am nächsten Tag wird der Esel beladen und zieht zusammen mit dem Pilger weiter gen Norden.
Weiter gen Süden
Gleiches wie das Gespann, machen auch die Pauls. Sie ziehen aber in die entgegengesetzte Richtung wie das Gespann, weiter nach Süden. Einige starke Regenfälle lassen den Pegel der Rhone ansteigen. Die Beiden freuen sich über mehr Wasser und der dadurch stärkeren Strömung zu Tal, die ihnen ordentlich Fahrt verleiht und obendrein noch Kraftstoff spart. Doch leider wird auch allerhand Treibgut, wie dicke Bäume, Gestrüpp, Müll und sonstiges durch die Strömung mit gerissen und vor und nach den Schleusen im Verbund angeschwemmt. Der Schiffsführer kennt solch Durchfahrten aus der Arktis mit Eis und dicken Bäumen und entscheidet einige Tage in einem Kanal zu verharren, bis sich die Lage etwas entspannt. Er will nämlich nicht in der trüben Brühe mit seiner Tauchausrüstung runter zum Propeller schnorcheln und verkeilte Stämme raus schneiden müssen. Vielmehr erkundet er in dieser Zeit mit seiner Reiseenduro den weiteren Verlauf des Flusses und erhält Kenntnisse wo überall geankert werden kann.
Salz statt Süßwasser
Die Pauls entscheiden sich, bedingt durch die anhaltenden Regenfälle und der dadurch stark wechselnden Flusspegel, in einen Parallelkanal dem (canal du Sete) zur Mittelmeerküste einzufahren. Sie waren es gewohnt das Fluss oder auch Kanalwasser für jegliche Reinigungsarbeiten, zu verwenden. Dadurch reichte das wertvolle Trinkwasser aus den Tanks über einen wesentlich längeren Zeitraum. Doch dieser spezielle Kanal ist bereits mit Salzwasser geflutet. Die Pauls erkennen es an den Schaumstreifen, die ihr Gespann im Wasser hinterlässt. So wurde kurze Hand der Wassermacher der seit gut zwei Jahren außer Betrieb war wieder in Einsatz gebracht. Dieses Goldstück, wird ab jetzt ohnehin maßgeblich an der unabhängigen Lebensweise des Teams, mit wirken. Denn Wasser ist laut Recherchen des Skippers im Mittelmeer schon verfügbar, aber ordentlich teuer.
Canal du Midi
In Sete angekommen, sucht der Schiffsführer einen geeigneten Platz damit die restlichen Arbeiten, die für die zukünftige Seefahrt nötig sind, erledigt werden. Die vorsichtige Nachfrage des Liegepreis Niveaus bei einem Skipper, der mit seinen Boot im Hafen liegt, lässt den Paul in schwere Atemnot verfallen. Er will den Hafen nicht kaufen und dreht, auch wenn er dafür mehr Platz braucht als ein single Boot, auf dem Teller um. Es gibt zwar oberflächlich gesehen ausreichend Betonmauer zum anlegen. Doch bei genauer Inspektion sieht man, dass etwa 20 cm unter der Wasseroberfläche die gesamten Mauern eine etwa 50 cm breite Kante haben, die ein anlegen ohne Schade unmögliche machen. Kurzum entscheidet das Team, den etwa 8 sm langen angrenzenden Binnensee zu überqueren, damit am Naturufer des canal du Midi angelegt werden kann. Hier werden jetzt die Masten gestellt, die Segel angeschlagen und die gesamte Ladung aller Schiffe gegen ungewollte Bewegungen bei See, befestigt.
Winternavigation
Paul beobachtet schon über Jahre hinweg die Wind und Wellenverhältnisse des Mittelmeers. Laut seinen Recherchen, werden zwar alle Windrichtungen durch Namen bezeichnet und auf die hohen Windstärken hingewiesen, doch unter dem Strich weht es kaum stärker als 25 m/sec etwa 10 bft. Die Wellenhöhe, liegt um drei bis fünf Meter, wobei er aus Erfahrung weiß, dass es immer mal wieder Wellenberge gibt, die das doppelte Maß erreichen können. Würde man nur mit dem Schleppschiff unterwegs sein wollen, ist das sicher nicht angenehm, sollte einem so ein Wind kreuzen, aber machbar.
Mit einem Leichter und einem Fischerboot im Schlepp, sind die Karten vollkommen neu gemischt. Hier will Paul sich langsam an die nun herrschenden Wettersituationen ran wagen um die Seetüchtigkeit seiner schwimmenden Werkstatt, zu testen. Das Fischerboot kann einiges ab, das hat er bereits bei der Fahrt vor gut zwei Jahren zum nördlichsten Punkt in der Ostsee, bewiesen bekommen. Der Schiffsführer weiß auch, dass die Windgeschwindigkeiten im Sommer über 20 m/sec etwa 8 bft nur eine Häufigkeit von einem Prozent haben. Hier ausreichende Tests in Bezug auf Seetüchtigkeit und stärke des Schleppgeschirrs zu bekommen ist für die weiteren Jahre auf See ungenügend. Da hilft nur, auch wenn es anstrengend und vielleicht am Anfang etwas gefährlich ist, die Winternavigation.
» Paul Expedition: Die Abenteuer der Pauls
Fotos: Harald u. Silvia Paul