Wem die Aktivitäten der vergangenen 20 Jahre von Silvia und Harald Paul in nördlichen Breiten noch im Gedächtnis geblieben sind, den mag die Überschrift verwirren:
wird doch mit den Paul’s eher „Nordwärts“ in Verbindung gebracht – und den Abenteuern auf einem nur sieben Meter langem Kajütboot zwischen Hamburg und Spitzbergen. Dazu in Island, Grönland und Kanada, mehrfachen Überwinterungen im Meter dicken Eis bei eisigen Temperaturen und unter extremen Bedingungen. Man erinnert sich an arktische Hurrikans, vor deren Winden mit bis zu 70m/sec (250 km/h) allein das kleine Boot Schutz für die Crew bot – die aus Silvia, Harald, einem grönländischen Kanarienvogel und einem kanadischen Terrier bestand.
Erinnerungen, die auch den Paul’s noch nachhaltig in den Knochen hängen: dazu von nahezu schlaflosen Wochen, tosenden Windgeräuschen und dem krachenden Eis rundherum. Das vergisst man nicht so schnell.
Unvergessliche Eindrücke der Arktis
„Während unserer Reisen gab die Arktis in den sehr kurzen Sommermonaten auch unvergessliche Eindrücke preis. Darunter die nie untergehende Sonne, die eine atemberaubende Natur in einem nicht vorstellbaren Licht erscheinen ließ. Und eine Tierwelt mit Walen, Robben, Eisbären, Adler, Elchen, Rentieren und Wölfen, die auf Grund der geringen Scheu manchmal zum Anfassen nah waren. Ein Abenteuer!“ blickt Harald Paul zurück.
Um die Überschrift aufzulösen: die Paul’s sind nun in entgegengesetzter Richtung unterwegs:
von Nord nach Süd
Leider versiegten die Unterstützungen der Sponsoren bei den arktischen Fahrten, sodass sich das Abenteurer-Paar nach einer anderen Einnahmequelle umschauen musste.
Silvia und Harald Paul machten sich die eigenen Mechaniker-Erfahrungen aus 20 Jahren mit über 15.000 Betriebsstunden Fahrtzeit ebenso zu Nutze, wie die aus zahlreichen Reparaturen an Bord und in der Berufsschifffahrt – um diese mit einem Reparaturservice vom Wasser aus nun auch anderen Skippern anbieten zu können.
Dazu wurde ein Barge aus Aluminium in einer Länge von 8 Metern und einer Breite von 2,50 Meter angefertigt. Dieser als Werkstatt mit Kran, Bug-Rampe, Werkbank, Generator und den verschiedensten Werkzeugen ausgerüstete, unsinkbare Schwimmkörper begleitet die Paul’s nun in Zukunft: entweder seitlich gekoppelt oder hinterher gezogen. Ferner ist die Barge auch durch einen 40 PS Schubmotor selbst fahrend und kann so andere Schiffe schleppen oder drücken.
Ob sich das alles in der Praxis bewährt wird sich zeigen. Falls nicht, muss das Improvisationstalent der Paul’s bemüht werden. Erste Reparaturen und Schlepphilfen waren jedoch bereits erfolgreich.
So schön und gut dies alles klingt: es ist natürlich auch mit erheblichen Nachteilen verbunden. Gerade beim Manövrieren in engen Bereichen (mit einer Länge von etwa 17 m einschl. Beiboot und einer Breite von etwa 8 Meter) muss mit Gefühl, Disziplin und materialschonend um die letzten Zentimeter gekämpft werden. Was für viele Skipper nicht nachvollziehbar ist und deshalb sehr oft unterschätzt wird. Manöver im letzten Augenblick gehören deshalb zur Tagesordnung, ein Punkt der vorher nicht mit einkalkuliert war.
Holland, Belgien und Frankreich
Sicher zählt das zu den größten Herausforderungen in der Zukunft, denn die Paul’s wollen sich durch die Kanäle Hollands, Belgien und durch Frankreich schlängeln. Bedingt durch den Tiefgang des Schleppschiffes von 1,80 Meter sind natürlich nur noch wenige Kanäle befahrbar. Es hängt künftig hauptsächlich von der Genauigkeit der angegebenen Kanaldaten ab, wie dünn und flach sich die Pauls mit den drei Booten machen müssen, um alles passieren zu können. Momentan befinden sie sich im Fluss Maas auf der holländischen Seite kurz vor der belgischen Grenze.
In den vergangenen Wochen ist hauptsächlich daran gearbeitet worden wie alle drei Boote, auch bei Wellengang, der so im Binnenbereich nicht erwartet wurde, vorwärts kommen ohne sich gegenseitig zu beschädigen.
Für die See mit viel Raum wäre es leicht, denn dann würden die Boote alle hintereinander gehängt. Doch in den Flüssen und Kanälen fallen die guten 40 – 60 Meter Schlepplänge mehr als allein etwas unhandlich aus. Hier hoffen die Paul’s auf die Rücksicht anderer Schiffe: bereits eine vorbeifahrende Yacht, wie man sie normalerweise im Mittelmeer antrifft, baute solche Wellen in einem Fluss auf, dass ein Tau mit einer Haltekraft von drei Tonnen abriss und zusätzlich einen Ruckdämpfer zerstörte. Selbst Gänse mit ihren Jungen, die entlang des Ufers schwammen, wurden durch die bewegten Wassermassen aufs Land gespült.
Die Barge ist nicht nur eine schwimmende Werkstatt, sondern auch als Leichter ausgelegt. Mit ihm wurde das Hauptschiff „Gypsy Life“ etwas abgeleichtert, sodass der Tiefgang von 1,80 Meter um einige Zentimeter auf etwa 1,66 Meter verringert werden konnten.
Da der Weg durch die Kanäle Frankreichs mit den zahlreichen Brücken, Hebeanlagen und Schleusen mit den drei Booten eine besondere Herausforderung ist, hat diese Reise kein absehbares Ende. Ferner muss unterwegs auch repariert werden, um die finanzielle Grundlage zu schaffen.
Es wird sicherlich interessant – und man darf gespannt sein, wie es den eiserprobten Paul’s im heißen Süden auf ihren neuen Abenteuern ergeht.
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Fotos: Harald u. Silvia Paul