Komfortabler Sport-Cruiser oder Flybridge-Yacht? Dieser Frage ging Boot Online an Bord der Monte Carlo 6S Baunummer 1 im Mittelmeer vor Barcelona nach.
Ein windiger, grauer Tag Ende Oktober, dazu immer wieder Regen. Draußen das Meer weit entfernt vom gewohnten Blau – mit mehr als 1m Welle zwar keineswegs bedrohlich, doch bereits ungemütlich erscheinend.
Sichtlich unbeeindruckt davon das Testschiff am Steg. Die optisch in der Seitenansicht etwas gedrungen wirkende 60-Fuss-Yacht vermittelt dabei Anmutungen eines Mini-Explorers. Auch wenn der S-Zusatz der Serie – von der MC 4 bis zur MC 6 – werftseitig die jeweilige Sportversion bezeichnet. Was in der Umsetzung den Verzicht auf einen zweiten Steuerstand auf der Fly bedeutet. Zu Gunsten einer kleineren, dennoch großzügig ob der Verweilqualität empfundenen, achterlichen Verlängerung bündig zum Dach einer klassischen Hardtop-Yacht.
Ecken und Kanten
Auch bei Schmuddelwetter draußen wirkt der Salon hell und aufgeräumt, für eine Yacht dieser Größe jedoch ein wenig beengt. Zudem durchweg kubisch ob der Einbauten und Möblierung. Das mag optisch durchaus gefallen, bietet jedoch zahlreiche Möglichkeiten an Ecken und Kanten zu stoßen. Ein Zweisitzer sowie ein L-förmiges Sofa bieten um den dreh- und absenkbaren Salontisch Platz für sechs Personen. Leider ist in diesem Zustand kein Durchgang zu den Kabinen bzw. zur Pantry mehr möglich. Entsprechendes Wetter vorausgesetzt wird zum gemeinsamen Essen wohl eher der unter dem Flydeck liegende Heckbereich genutzt. Eine große Sitzbank, ergänzt um Deckchairs bietet dort einen ansprechenden Rahmen.
Die gleich beim Betreten des Salons an Steuerbord U-förmig verbaute Pantry bietet bei Nutzung von Herd und Spüle kaum Arbeitsfläche. Das mag für die Zubereitung eines Frühstücks ausreichen, woran sich ebenfalls die Stauflächen zu orientieren scheinen. Abgesehen von Kühlschränken und -schubladen, die gleich dreifach vorhanden sind. Um lukullische Ansprüche für sechs Personen umzusetzen empfiehlt sich eher der Blick in einen lokalen Restaurantführer. Dabei wäre an der Backbordseite durchaus die Lösung zu finden. In dem eine weitere Arbeitsfläche bis zur Flucht des anschließenden Zweisitzers vorgezogen, und ein sinnfrei erscheinendes, offenes, Wandregal darüber zu schließenden Stauflächen wird.
Unter Deck
Weiter vorn der Niedergang zu Eigner-, VIP- und Gästekabine sowie, vom Heck kommend, die erste Möglichkeit bei Seegang einen Handlauf zu erreichen. Unten achtern das Reich des Eigners, mit herrlichem Blick in die Umgebung durch serientypische Rundfenster von beachtlicher Größe. Verwirrend auf den ersten Blick steuerbordseitig davor in der Kabine ein Waschbecken, welches von Toilettenraum und Dusche links und rechts flankiert wird. In der Ankerbucht sicherlich ein hübscher Ausblick während des Zähneputzens, optisch jedoch durchaus gewöhnungsbedürftig. Helle Hölzer und Lederapplikationen wirken wertig, das Inselbett (1,95 x 1,58m) mit gepolstertem Kopfteil ist ausreichend dimensioniert, Kleiderschränke und Stauflächen werden optimal vorgefunden.
VIP- und Gästekabine (vorn / an Steuerbordseite) bieten jeweils Bad und Dusche en Suite, sowie durch eine Verschiebemechanik zu einem Doppelbett nutzbare Einzelbetten. Dabei gerieten die Liegenflächen (1,98 x 0,74 / 1,48m in der VIP-, 1,91 x 0,70 / 1,40m in der Gäste-Kabine) ebenso knapp, wie zur Verfügung stehende Kleiderschränke und Stauflächen.
Achtern der von außen zu begehende Motorraum, in dem zwei Cummins QSC 8.3 Zeus-Antriebe mit jeweils 442 kW / 600 PS tadellos und gut zugängig werkeln – bei 1.500 Touren / 12 kn Fahrt in der Eignerkammer jedoch bereits mit 72 dB den Schalldruckpegel eines vorbeirauschenden PKW messen lassen. Platz für optionale Aggregate besteht ausreichend.
Da die Maschinen bereits laufen, wird es Zeit zum Ablegen. Auf dem Weg zum Vorschiff setzt die Werft wahrscheinlich auf die Mithilfe der jüngsten Mitglieder einer Familiencrew: anfänglich 30cm breite Laufdecks zwischen Aufbauten und Reeling sind zu knapp bemessen.
Jederzeit sicher zu manövrieren
Hinter dem Ruder findet der in dieser Größenklasse sicherlich selbst steuernde Eigner einen fast perfekten Arbeitsplatz. Selbst große Front- und Seitenfenster erlauben lediglich durch Kopfdrehungen allein keinen Rundumblick. Ein vielfach verstellbarer Steuermannsitz lässt Displays, Maschinenhebel und Schalter jederzeit erreichen und bequem bedienen. In der Längsachse etwas nach Backbord versetzt, bleibt Platz für eine Beifahrerbank an Steuerbord, auf der zwei Erwachsene bequem wie kommunikativ Platz finden.
Intuitiv greift die rechte Hand zum Joystick, und bewegt die fast 20t verdrängende Yacht spielerisch aus dem Hafenbecken. Auf See bewegen sich dann die Motorhebel immer weiter nach vorne. Die Yacht geht recht angenehm durch einen Meter Welle, und erreicht sehr zügig 26kn. Bei den herrschenden Seebedingungen gleichzeitig die maximale Geschwindigkeit. Die automatisch stellenden Klappen erfordern zu keiner Zeit einen weiteren manuellen Eingriff. Während pro Stunde dazu 240l aus den Dieseltanks gepumpt werden, enge Kurven über beide Buge. Leichtfüßig neigt sich das Schiff dazu in die See, Ruderbewegungen werden kaum verzögert wahrgenommen, und nach etwas mehr als zwei Schiffslängen steht die Yacht aus voller Fahrt. Beruhigende Eigenschaften, so auf See erforderlich. Bei 20kn Fahrt fordern die Dieseltanks erst nach 250sm bzw. 8 Stunden wieder Aufmerksamkeit – ausreichend für einen ausgiebigen Tagesausflug in flotter Fahrt.
Zurück im Hafen wird zum entspannten Einparken eine Kamera am Heck erforderlich – oder der optionale Joystick achtern steuerbordseitig. Trotz Regen noch ein Blick auf die Fly: ebenso wie die Liegeflächen auf dem Vorschiff eine vollwertige Entspannungszone unter freiem Himmel. Vier Personen finden sitzend Platz, dazu schließt sich achtern eine große Sonnenliege an. Bei abgesenktem Tisch, der recht klein ausgefallen ist, entsteht durch zusätzliche Polster eine einladen große Fläche.
Fazit: Eine funktionale Yacht, die in Fahrt jederzeit ein sicheres Gefühl und Fahrspaß vermittelt. Wertige Materialen, eigenständige Designlinie mit viele Licht und Luft in allen relevanten Schiffsbereichen und großzügiger Fly. Teils eingeschränkte Stauflächen in den Kabinen und eine Pantry, die vollumfänglich die Werftbeschreibung von einer „Studioküche“ erfüllt. Kubische Möblierung mit vielen Ecken und Kanten, kaum Möglichkeiten zum Halt im Salon bei Seegang. Die Preisliste beginnt bei 857.500 EUR (exkl. Steuern).
Bootsdaten im Überblick:
Werft: Monte Carlo Yachts (Italien / Frankreich)
Name: MC6S
Jahr: 2016
Länge: 18,35 m
Breite: 4,88 m
Tiefgang: 1,17 m
Gewicht: 19,6 t
Motor: 2 x 600 CV – CUMMINS QSC 8.3 Zeus
Treibstofftank: 2 x 1.100 l
Wassertank: 2 x 400 l
Reisegeschwindigkeit: 23 Knoten
Höchstgeschwindigkeit: 28 Knoten
Kabinen / Nasszellen: 3 / 4 (inkl. Crewkabine)
Zugelassene Passagiere: 14
CE Kategorie: B (küstennahe Gewässer)
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Fotos: Monte Carlo Yachts