Lourdes Dávalos León ist Rechtsanwältin in Madrid und auf kubanisches Recht spezialisiert. Sie vertritt die rechtlichen Interessen von Roger Klüh bei seinem außergewöhnlichen Vorhaben, mit seinem Speedboot Apache Star in Rekordzeit von Key West nach Kuba zu fahren. Erstmals spricht die Anwältin, die selbst aus Kuba stammt, im Interview mit Boot Online über die Umstände, die Ablehnung der Überfahrtsgenehmigung der US-Regierung und welche Möglichkeiten Roger Klüh nun bleiben:
BOOT ONLINE: Sie vertreten die Interessen von Roger Klüh, der mit seinem Speedboot Apache Star in Rekordzeit von Key West nach Kuba möchte. Was war Ihr erster Gedanke dazu?
LOURDES DÁVALOS LEÓN: Als ich von Roger um Unterstützung ersucht wurde, ihm bei diesem Projekt zu assistieren, fühlte ich mich geehrt Teil eines solchen historischen Meilensteins angesichts der aktuellen politischen Spannungen zwischen den USA und Kuba zu sein. Es war einerseits schwierig als auch aufregend Roger dabei zu helfen, dieses Vorhaben zu planen.
In Zusammenarbeit mit einer Rechtsanwaltskanzlei in den USA, war es meine Aufgabe meine US-Kollegen bei der Vorbereitung aller notwendigen rechtlichen Dokumente für die US-Behörde zu unterstützen, um die Lizenzen für Roger und seine Crew für die Überfahrt zu erhalten.
BOOT ONLINE: Als Rechtsanwältin in Madrid sind Sie auf kubanisch-spanisches Recht spezialisiert sowie mit dem Handelsembargo der USA gegen Kuba vertraut. Was denken Sie über die negative Haltung der US-Regierung, die das Vorhaben Roger Klühs vorerst gestoppt hat?
LOURDES DÁVALOS LEÓN: Ich erachte die Ablehnung der Lizenz durch die US-Regierung als nicht gerechtfertigt. Als wir mit unserer rechtlichen Arbeit begonnen hatten, konnten wir natürlich nie 100%ige Sicherheit haben, dass die US-Regierung grünes Licht für die Überfahrt geben würde. Aber wir haben unser Bestes getan und alle rechtliche Aspekte berücksichtigt, um die entsprechenden Lizenzen und Genehmigungen für Roger zu erhalten, damit dieser geplanten Meilenstein durchgeführt werden kann. Es war keine leichte Aufgabe im Hinblick auf die politischen Spannungen.
BOOT ONLINE: Hat die US-Regierung überhaupt irgendeine rechtliche Basis eine Überfahrt einer Privatperson von Key-West nach Havanna abzulehnen? Vor allem dann, wenn das Boot unter deutscher Flagge fährt und die Crew aus Europäern besteht?
LOURDES DÁVALOS LEÓN: Dazu müssen wir zunächst einige Tatsachen zu diesem Thema betrachten:
1) Das Schiff hat in der Tat eine deutsche Flagge und die Überfahrt soll mit einer europäischen Mannschaft durchgeführt werden. Aber zu Beginn gab es auch US-Bürger, die im Begriff waren die Überfahrt mit Roger zu machen.
2) Man darf nicht vergessen, dass das Powerboat „Apache Star“ in den USA gebaut wurde, somit als ein „US-Produkt“ gilt. In Hinblick auf das Embargo gegen Kuba bedeutet das nach US-Recht, dass die US-Regierung nach ihrem Ermessen eine Rechtsgrundlage hat, eine solche Art von Veranstaltungen abzulehnen.
Nach Angaben der US-Gesetzgebung gibt es ein Verbot, wodurch es US-Bürgern, US-Personen oder Produkten aus den USA nicht gestattet ist, nach Kuba zu reisen bzw. nach Kuba eingeführt zu werden.
Es gibt natürlich Ausnahmen bezüglich des oben genannten Verbots. Wir haben unsere Dokumente auf der Basis der bestehenden Ausnahmen zusammengestellt und wir waren zuversichtlich, dass das Apache Star Projekt in die Liste der Ausnahmen fällt. Wir haben besonderes Augenmerk auf den „Public Event or Exhibition“ (eine gesetzliche Ausnahme des oben genannten US-Verbots) gelegt und auf diesen basierend haben wir solide Argumente und Beweise in den Einreichungen erbracht, um klar zu machen, dass das Projekt einen solchen Charakter hat und es deshalb die Genehmigung zur Überfahrt erteilt werden muss.
Wie bekannt wurde der Antrag von der US-Behörde mit der Begründung abgelehnt wurde, dass nicht genügend Beweise vorhanden sind, um dieses Ereignis als eine öffentliche Veranstaltung anzusehen. Trotz Berufungsverfahren waren unsere umfangreichen Anstrengungen leider vergebens.
Somit wurde verdeutlicht, dass die Auslegung und Anwendung des US-Embargos in der Gesetzgebung im Ermessen der US-Behörden liegt.
BOOT ONLINE: Sie sind mit Commodore Escrich des Havanna International Yacht Club in Kontakt. Wie denkt man in Kuba über das Vorhaben?
LOURDES DÁVALOS LEÓN: Als Commodore Escrich Roger Klühs Absicht kennenlernte, reflektierte er sehr erfreut auf dieses Vorhaben und hält es für ein ganz besonderes Projekt. In der Tat war der Commodore eine Schlüsselfigur für den Erfolg der Veranstaltung. Er und ich entwarfen sofort einen Plan zur Kontaktaufnahme mit den kubanischen Behörden und prominenten Sportlern aus Kuba. Es wäre ein großes Ereignis für das Land und auch eine sehr große Unterstützung, wenn Roger tatsächlich die Gelegenheit hat, die Überfahrt von Key West nach Kuba in die Tat umzusetzen.
Die Menschen in Kuba und vor allem die Einwohner von Havanna sind bereit, Teil des Geschwindigkeitsrekordes der Apache Star unter der Führung von Roger zu werden.
BOOT ONLINE: Was würden Sie Roger Klüh empfehlen? Es kann doch nicht sein, dass ein privates und menschlich gesehenes positives Vorhaben mit einem politisch motivierten Embargo verhindert wird, zumal Roger Klüh deutscher Staatsbürger ist?
LOURDES DÁVALOS LEÓN: Als Anwalt würde ich meinem Mandanten nie empfehlen gegen geltendes Recht oder eine Entscheidung, die von einer Behörde eines Staates ausgestellt wurde, zu handeln, auch wenn dies ungerecht oder ungerechtfertigt ist.
Ich denke der „Kampf“ im Rechtsbereich in den USA ist nun vorbei und die einzige andere Alternative, die uns bleibt, ist es die Öffentlichkeit und die Medien aufzuklären und einen notwendigen Druck zu schaffen, um die positive Absicht eines solchen Vorhabens zu verteidigen.
Sowohl Roger als auch das kubanische Volk haben das Recht, ein Vorhaben, das bereits seit längerer Zeit geplant wurde, auch auszuführen und das Recht zur Durchführung einer solchen Veranstaltung sollte nicht einseitig von den US-Behörden festgelegt werden. Dies umso mehr wenn es sich um eine Veranstaltung mit einem öffentlichen, sportlichen und humanitären Interesse handelt, die jenseits von jeder politischen Bedeutung steht.
Trotz all dieser Aspekte ist die derzeitige Situation zwischen Kuba und den USA Realität, das US-Embargo gegen Kuba ist noch in Kraft und sofern es weiter bestehen bleibt wird es schwierig sein, eine solche Überfahrt durchzuführen.
So oder so steht es Roger frei seinen Traum mit oder ohne Genehmigung von der US-Regierung fortsetzen, dies liegt ausschließlich in seiner Entscheidung. Als seine Anwältin würde ich ihm nicht empfehlen, die Überfahrt ohne die entsprechenden Genehmigungen durchzuführen, aber als Person und kubanische Bürgerin werde ich ihn unterstützen, was auch immer Roger entscheidet.
BOOT ONLINE: Was würde passieren, wenn Roger trotzdem die Fahrt von Key-West nach Havanna durchführt?
LOURDES DÁVALOS LEÓN: Niemand weiß mit Sicherheit, was passieren wird, wenn Roger mit seinen Plänen fortfährt. Prinzipiell wäre es unter kubanischem Gesetz kein Problem und das kubanische Volk würde dieses Vorhaben eher mit weit offenen Armen empfangen und unterstützen. Es ist jedoch unterschiedlich zu bewerten, welche Folgen eine Überfahrt nach US-Recht mit sich zieht. Ich bezweifle, dass man in den USA die Fahrt stoppen würde, sofern sich Roger entscheidet, ohne eine Genehmigung fortzufahren. Aber ich würde die Möglichkeit nicht verwerfen, dass man seitens der US-Regierung bestimmte Maßnahmen setzt wie z. B. das Verhängen einer Geldstrafe für die Überfahrt von den USA nach Kuba, ihm Besitztümer in den USA zu untersagen oder wieder ins Land einreisen zu dürfen.