Während Segel-Katamarane vor allem im Chartergeschäft populär sind, trifft man Motorkatamarane im Mittelmeerraum nach wie vor selten an – völlig zu Unrecht, wie unser Kurztest zeigt.
Segel- versus Motorkatamaran
Klar, wer Offshore Cruising im Sinn hat, viel Platz benötigt und Segler ist, der wird sich wohl mit der Anschaffung eines Segelkatamarans auseinandersetzen. Aber ist Offshore Cruising das wichtigste Argument, einen Katamaran anzuschaffen? Und vor allem: Ist ein Segelkatamaran ein schlagkräftiges Argument in Bezug auf Langstrecken und hohen Kraftstoffverbrauch bei motorgetriebenen Booten?
Ganz klar Nein, denn wer Motorboote bevorzugt, längere Touren fahren möchte und sogar erwägt die Transatlantik-Route zu wagen, der könnte an dem Lagoon 630 Motorkatamaran Gefallen finden.
Wiederaufnahme der Produktion von Motorkatamaranen
Der Lagoon 630 MY wird in Bordeaux hergestellt, er ist eines von zwei Motorkatamaran-Modellen, welche die zur Beneteau Group gehörende Werft Lagoon, Marktführer bei Segelkatamaranen, derzeit fertigt. Der erste Motorkat von Lagoon wurde übrigens 2001 gefertigt, insgesamt wurden 100 Kats geliefert. Aufgrund der geringen Nachfrage wurde allerdings die Produktion gestoppt – und 2014 aufgrund der wieder ansteigenden Nachfrage wieder aufgenommen. Mit hervorragendem Ergebnis, wie unser Kurztest des neuen Lagoon 630 Motorkatamarans zeigte.
Drei verschiedene Kabinen-Layouts
Wie von einem 10 m breiten Katamaran nicht anders zu erwarten zeigt sich das Platzangebot riesig. Im Heck befindet sich eine einladende Sitzfläche, die fast über den gesamten Heckbereich verteilt ist. Ebenfalls praktisch: Steuerbord ist neben dem Sitzbereich eine leicht erhöhte Liegefläche, die zum Relaxen einlädt. Im Bugbereich findet sich ebenfalls viel Platz, neben den zwei Netzen gibt es dort auch zwei Liegebereiche.
Am meisten beeindruckt der riesige Salon, welchen Lagoon luxuriös und geschmackvoll gestaltet hat. Er bietet viel Platz für zwei Sitzbereiche (oder je nach Layout einen Sitz- und Küchenbereich), einen Steuerstand sowie jeweils 4 Abgänge zu den Kabinen.
Den Lagoon 630 gibt es entweder mit 4, 5 oder sogar 6 Kabinen. Während die sonstige Raumverteilung wie z. B. die riesige Flybridge großzügig ausfällt, sind die Kabinen naturgemäß aufgrund des geringen Platzes in den Rümpfen als klein und etwas beengt zu verstehen, wobei die Masterkabine aufgrund der Länge etwas mehr Raumangebot bietet. Wer also auch beim Schlafen viel Platz benötigt, der ist mit der 4-Kabinen Version besser beraten.
17,5 Knoten Höchstgeschwindigkeit
Ein Steuerstand befindet sich im Salon sowie Backbord und Steuerbord auf der Flybridge. Aufgrund des Wetters haben wir die Fahrt auf dem Steuerstand der Flybridge bevorzugt. Der 630er erreicht mit zwei mal 260 PS eine Geschwindigkeit von 17,5 Knoten, die wir bei der Fahrt auch relativ schnell erreicht haben. Keine hohe Geschwindigkeit für einen Katamaran, welcher eigentlich aufgrund des geringen Widerstands der schmalen Rümpfe geradezu für schnelle Fahrten prädestiniert ist (man denke an den Segel- oder Rennsport).
Wer aber einen Lagoon 630 im Auge hat, dem offenbaren sich in erster Linie andere Vorteile wie ein sensationelles Platzangebot und ein extrem energiesparender Katamaran. Bei einer Reisegeschwindigkeit von 10,5 Knoten verbraucht der Lagoon 630 nur 20 Liter, bei 8 Knoten gerade mal 12 Liter pro Stunde. Und genau hier liegt der immense Vorteil eines Motorkatamarans: Neben einer energiesparenden und enormen Reichweite ist mit dem Lagoon 630 mit einem optionalen Tank sogar eine Atlantiküberquerung möglich (das Lagoon Team selbst führte mit dem 630er eine Atlantiküberquerung ohne Probleme durch).
Stabilität und Hafenmanöver
Zum Fahrverhalten des Lagoon 630 kann gesagt werden, dass er aufgrund der enormen Breite eine gewohnt gute Stabilität bietet (Katamarane kränken kaum, haben also keine größere Schräglage) und sich dadurch auch bei starkem Seegang ruhig verhält. Bei voller Fahrt fällt der Drehkreis etwas größer als bei Einrumpfbooten aus, dafür reagiert der Kat bei langsamer Geschwindigkeit durchaus schnell auf Bewegungen des Ruders.
Nachteil: Bei unserer Ausfahrt war die See mit 3 Beaufort zwar mäßig, trotzdem wurde es auf dem Kat bei höherer Geschwindigkeit am ungeschützten Deck teilweise nass. Das ist aber nicht dem Lagoon 630 alleine anzulasten, sondern ein generelles Problem bei stärkerem Seegang und höherer Geschwindigkeit mit einem Katamaran.
Das Manövrieren in engen Häfen mit einem 10 m breiten und 20 m langen Kat benötigt ein geübtes Händchen, dank des Steuerstands Backbord und Steuerbord auf der Flybridge wird das Hafenmanöver allerdings nicht zum Blindflug. Aber keine Sorge: Mit ein bisschen Übung lässt sich der Lagoon 630 doch schnell und gut beherrschen, Hilfsmittel wie ein Bug- und Heckstrahlruder helfen zusätzlich den Kat auch in engen Häfen in die Box zu manövrieren.
Gelungener Motorkatamaran für Langstrecken
Die Produktionszeit für einen Lagoon 630 benötigt 5 Monate, der Preis liegt bei 2 – 2,5 Millionen EUR, wobei Lagoon seit Wiederaufnahme der Produktion 2014 bereits 16 Stück des 630er Modells verkauft hat.
Lagoon Katamaran Direktor Yann Masselot, der mit uns auf Fahrt war, kann zu Recht stolz auf den neuen Lagoon 630 sein. Der 630er bietet alles, was für ein komfortables und reichweitenstarkes Fahren mit Option auf Transatlantik-Touren benötigt wird – und das durchaus zu einem hervorragenden Preis für ein Boot dieser Klasse.
Bootsdaten im Überblick:
Werft: Lagoon (Frankreich)
Name: Lagoon 630 MY
Jahr: 2015
Länge: 19,35 m
Breite: 10 m
Tiefgang: 1,12 m
Gewicht: 41 t
Motor: Volvo 2 x 260 HP od. 2 x 300 HP
Treibstofftank: 3050 l
Wassertank: 960 l
Reisegeschwindigkeit: 10,5 Knoten
Höchstgeschwindigkeit: 17,5 Knoten
Kabinen: 4, 5 oder 6
Zugelassene Passagiere: 14
CE Kategorie: A (Hochsee)
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Fotos: Lagoon Motoryachts | Boot Online