Mit der 51er komplettiert Jeanneau ihre „Yachts“-Baureihe größenmäßig weiter nach unten. Ob vorerst oder endgültig, lassen die Projektverantwortlichen im Frühjahr 2017 gegenüber BOOT Online noch offen. Viel DNA der 54er, ebenfalls vom Architekten Philippe Briand (58er, 64er) und Designer Andrew Winch (64er) entwickelt und erdacht, wird laut Werft von der 51er zitiert, um weiterhin mit der Baureihe „eine Welt voller Luxus der Extraklasse zu schaffen“. Eine deutliche Ansage und Abgrenzung gegenüber dem Flaggschiff 519 aus der Sun Odyssee-Baureihe, welches die Werft schlicht als „schick, seetüchtig und ungemein komfortabel“ beschreibt.
Kundenwünsche im Fokus
Unverkennbar zeichnet sich, bei Charterern wie Eignern, nicht erst seit gestern ein Trend zu immer größeren Schiffen ab. Diese sollen durchaus entsprechenden Lebensraum für längere Aufenthalte an Bord bieten, und idealerweise auch zu zweit beherrschbar sein. Marine-Architekt, Designer und Werft sind recht selbstbewusst der Meinung, dies mit der Jeanneau Yachts 51 umgesetzt zu haben: vor der südfranzösischen Côte d’Azur haben wir nachgeschaut.
Mit dem Heck zur Pier liegend, fällt sogleich ein mit dem Wort „Badeplattform“ nur sehr unzureichend beschreibbares Detail ins Auge: Terrasse nennen es die Designer – eine durchaus gerechtfertigte Bezeichnung für eine im geschlossenen Zustand nicht sichtbare, abgesenkte Cockpitverlängerung, die gemeinsam mit der Plattform zwei bequeme Lounge-Liegen und die Badeleiter aufnimmt. Ein- und ausgefahren wird die Terrasse elektrisch per Funkfernsteuerung in wenigen Sekunden. Ebenso pfiffig wie außergewöhnlich: Für den nächsten Badestopp bleibt einfach alles liegen – Leiter und Polster klappen ohne weiteres Zutun ins Heck. Dieser multifunktionale, zusätzliche Lebensraum ist jedoch allein als Option erhältlich, wird jedoch dem Vernehmen nach von fast allen Eignern geordert.
Ein Salon als Cockpit
Kaum an Bord die nächste Überraschung. Würden zwei Steuerräder nicht deutlich ihre Berechtigung fordern, ginge das Cockpit auch als zweiter Salon durch. Lange Sitzbänke, ein solider Tisch (mit Platz für einen optionalen Kühlschrank) und beidseitig des Niedergangs zwei üppige und sehr bequem in Luv wie Lee nutzbare Récamieren. Sehr einladend und aufgeräumt, da lediglich die Fall-Winschen auf dem Süll zwischen den Sitz- und Liegeflächen platziert sind. Groß- und Genuaschoten laufen direkt auf die Winschen vor den Steuerständen, und sind in jeder Situation vom Ruder aus gut erreichbar. Für den Fall der Fälle gefällt die Möglichkeit zur Stauung einer Rettungsinsel im Cockpittisch mit direktem Zugriff von den Steuerständen aus.
Durch den angehobenen Boden verabschiedet sich die Werft endgültig von der im Yachtbau noch häufig verwendeten Gleichung „Cockpitlänge = Länge der achteren Kabinen“. Nebenbei entsteht dadurch mehr Höhe in den Achterkabinen und ein längeres Cockpit. Ein enormer Platzgewinn auf den letzten zwei Schiffsmetern.
Individualität unter Deck
Künftige Eigner entscheiden sich unter Deck völlig nach ihren persönlichen Ansprüchen: drei Kabinen mit separaten Bädern sind bereits Standard. Dabei sind die achteren asymmetrisch über die Schiffsbreite geteilt. Dies lässt an Backbord eine – der Sprache an Bord von gleich großen Motoryachten entliehene – VIP-Kabine entstehen, die über gut 25 % mehr Volumen verfügt als eine symmetrisch geteilte. Die Steuerbord-Kabine lässt sich, ohne zusätzliche Kosten, als zweite Achter- / Skipperkabine oder Mehrzweckraum (optional mit begehbarem Kleiderschrank, Weinkühlschrank und Waschmaschine/ Trockner) ausbauen.
Raumgefühl, Lichteinfall und Staumöglichkeiten hinterlassen in allen möglichen Ausbauversionen in den Kabinen keinen Grund zur Kritik, und laden zu langen Aufenthalten an Bord ein. Die gewählten Materialien hinterlassen optisch und haptisch einen soliden und wertigen Eindruck.
Wurde der Ausbau mit zwei Kabinen und Mehrzweckraum gewählt, umgibt Eigner und Gäste ein wirklich außergewöhnliches Raumempfinden an und unter Deck, das in dieser Klasse keine Vergleiche scheut.
Aufgeräumt und lichtdurchflutet auch der Salon – ein Dutzend Fenster, davon vier zu öffnen, bieten auch an trüben Tagen ausreichend Einfall von Tageslicht. Zahlreiche Staufächer im angehobenen Salonboden ergänzen zweckmäßig die ansonsten allein in der Pantry vorhandenen, was dem Salon, mit U-förmiger Sitzbank und Doppelsofa, eine großartige Atmosphäre gibt.
Die dreischänklige Pantry ist komplett ausgestattet und gut nutzbar. Lediglich der optisch fast mitten im Raum stehende Wasserhahn der Spüle stört den ansonsten so harmonischen Apartment-Charakter unter Deck. Vielleicht denken die Konstrukteure einmal darüber nach, die Positionen von Herd und Spüle zu tauschen. Dadurch wäre das Kochfeld von zwei Seiten nutzbar, was zu kommunikativer, gemeinsamer Zubereitung lukullischer Genüsse der sicherlich anspruchsvollen Eigner und ihrer Gäste sehr zuträglich wäre.
Rollsegel als Standard
Für die Planung der Zeit auf See befindet sich an Backbord eine üppig dimensionierte Navigation, die sämtliche Anzeigen und Schaltpaneele sowie Funk- und Entertainment-Systeme aufnimmt. Zudem wäre auf dem 86 x 67 cm großen Kartentisch noch echte Arbeit mit den namensgebenden Papierunterlagen möglich.
Wohin auch immer der Weg führen wird, bis zum Segelsetzen übernimmt ein 58 KW / 80 PS starker Janmar-Diesel mit Sail-Drive standardmäßig den Vortrieb. Alternativ bietet die Werft ein 81 KW / 110 PS Aggregat aus gleichem Hause, dann jedoch mit starrer Welle, an.
Vor dem Hafen eine weitere Reminiszenz an kleine Crews: Jeanneau rüstet die 51er standardmäßig mit Rollsegeln aus. Diese sind mit Flächen von 52 qm (Groß) und 56 qm (110 % Genua) nicht gerade üppig dimensioniert – die Segeltragzahl von 4,2 (4,0 mit 42 qm Selbstwendefock) lässt auf eine eher auf Sicherheit bedachte Auslegung der Yacht schließen. Durchaus nachvollziehbar ob einer fokussierten Klientel, die komfortables Segeln mit kleiner Crew in ansprechendem Gewand der größtmöglichen Geschwindigkeit vorzieht. Die Segelgarderobe passt durchaus auch zum optionalen Kurzkiel, der den Tiefgang von 2,28 m auf 1,73 m reduziert.
Auch ohne Unterstützung durch elektrische Winschen sind die Segel auf dem Testschiff rasch gesetzt, und danach jederzeit direkt vom Steuerstand aus optimal zu trimmen. Selbst sehr schwache Winde, welche die Testtage nachhaltig begleiteten, nutzt die Yacht – mit akzeptabler Fahrt und dabei unerwartet engen Wendewinkeln. Mit dem optionalen Code 0 wurden selbst Schwachwindphasen zu einem Vergnügen – bei 120° Windeinfall zeigte die Logge nahezu Windgeschwindigkeit an.
Zum Geschwindigkeitspotential bleibt daher allein der Blick auf das von den Konstrukteuren errechnete Polar-Diagramm (PDF-Dokument).
Fazit des Besuchs an Bord
Die Jeanneau Yachts 51 beschreibt die Werft als außergewöhnlichen Blauwasser-Cruiser. „Luxus der Extraklasse“ wurde dazu jedoch nicht wirklich erkannt – was allein der Definition dazu an sich, sowie den persönlichen Empfindungen an Bord geschuldet ist. Abseits jeder Marketing-Lyrik eine solide gebaute Yacht, die mit einem sehr großzügigen Raumempfinden an und unter Deck lange Zeiten an Bord genussvoll erleben lässt. Dazu recht einfach mit kleiner Crew zu beherrschen, wertig ob der verbauten Materialien, und mit einem Grundpreis von 267.700 € (ex Steuern) eine sehr wahrzunehmende Alternative in diesem Größensegment.
Bootsdaten im Überblick:
Werft: Jeanneau (Frankreich)
Name: Jeanneau 51
Jahr: 2016
Länge: 15,38 m
Breite: 4,70 m
Tiefgang Langkiel: 2,28 m
Gewicht: 14 t
Motorleistung: 80 oder 110 PS
Treibstofftank: 240 l
Wassertank: 640 l
Großsegel: 52 m²
Genua: 56 m²
Kabinen: 2 / 3
CE Kategorie: A 12/B 13/C 14
Preis: ab 267.700 EUR (exkl. Steuer)
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Fotos: Jeanneau