Wer auf dem Bodensee mit einem Motorboot über 4,4 kW Maschinenleistung oder einem Segelboot mit einer Segelfläche von mehr als 12m² fahren möchte, benötigt das Bodenseeschifferpatent (Schweiz = Schifferpatent, Österreich = Schifferpatent für den Bodensee).
Die Grundlage für das Bodenseeschifferpatent ist die Bodensee-Schifffahrts-Ordnung, welche von den angrenzenden Staaten gleichlautend erlassen wurde.
Obwohl es sich beim Bodensee um einen Binnengewässer handelt, reichen für das dauerhafte Führen von Wasserfahrzeugen mit den o.g. Eigenschaften andere Befähigungsnachweise, wie z.B. der Sportbootführerschein mit dem Geltungsbereich Binnenschifffahrtsstraßen, nicht aus.
Das Bodenseeschifferpatent ist in verschiedene Kategorien unterteilt. Diese kann man z.B. mit den Klassen beim PKW-Führerschein vergleichen. Die Kategorie A umfasst die Erlaubnis zum Führen von Motorbooten bzw. Fahrzeugen mit Maschinenantrieb. Alle Segelboote bzw. Segelfahrzeuge fallen in die Kategorie D. Eine Ausnahme sind Segelboote, bei denen die Leistung des Bootsmotor 4,4 kW überschreitet. In diesem Fall sind zum Führen des Bootes beide Kategorien erforderlich.
Zur Vollständigkeit sei noch erwähnt, dass es zusätzlich auch noch die Kategorien B (Fahrgastschiffe), C (Güterschiffe) und H (Hochrhein) gibt. Für die Sportschifffahrt auf dem Bodensee sind die Kategorien A und D von Bedeutung.
Das Ferienpatent
Als Inhaber eines gültigen Bootsführerscheins (amtlicher Befähigungsnachweis ohne Gültigkeit auf dem Bodensee) aus einem der Bodensee-Anliegerstaaten (Deutschland, Österreich, Schweiz) ist es möglich, einmal im Jahr das so genannte Ferienpatent für den Bodensee zu beantragen. Genau genommen handelt es sich hierbei um eine befristete Anerkennung eines vorhandenen Bootsführerscheins. Das Ferienpatent wird jährlich für maximal einen Monat von den zuständigen Behörden erteilt. Eine Aufteilung in mehrere Zeiträume ist dabei nicht möglich.
Für das Ferienpatent werden die Sportbootführerscheine mit dem Geltungsbereich Binnenschifffahrtsstraßen (Motor und Segel) und Seeschifffahrtsstraßen sowie der Sportküstenschifferschein anerkannt.
Die Beantragung des Ferienpatent erfolgt in Deutschland bei den Schifffahrtsämtern Bodenseekreis (Friedrichshafen), Konstanz und Lindau und in der Schweiz über das Schifffahrtsamt Rohrschach oder die Schifffahrtskontrollen Thurgau und Schaffhausen. In Österreich ist die zuständige Behörde die Bezirkshauptmannschaft Bregenz.
Die Prüfung zum Bodenseeschifferpatent
Die Prüfung zum Bodenseeschifferpatent besteht in Deutschland und Österreich analog zum Sportbootführerschein aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Beide Prüfungsteile werden in Deutschland von den Landratsämtern Lindau, Bodenseekreis (Friedrichshafen) und Lindau durchgeführt. Die theoretische Prüfung wird auch vom Regierungspräsidium in Stuttgart-Vaihingen abgenommen. Für die Abnahme der Prüfung in Österreich ist die Bezirkshauptmannschaft Bregenz zuständig. In der Schweiz umfasst der Schiffsführerausweis, der Berechtigungs- und Befähigungsnachweis für das Führen von Sportbooten, auch das Bodenseeschifferpatent für den Bodensee. Das Ablegen der Prüfung ist grundsätzlich nur in dem Land möglich, in dem der Prüfungsanwärter seinen ständigen Wohnsitz hat, möglich.
Die theoretische Prüfung zum Bodenseeschifferpatent in Deutschland und Österreich erfolgt im Multiple-Choice-Verfahren. Der Großteil der insgesamt über 400 möglichen Prüfungsfragen ist dabei deckungsgleich. In Österreich gibt es lediglich ein paar zusätzliche Fragen. Die Prüfungsfragen erstrecken sich über max. neun Themengebiete – abhängig davon, ob die Prüfung nur für das Führen von Motorbooten, Segelbooten oder beidem abgelegt wird. Für das Bestehen der theoretischen Prüfung sind in jedem Themengebiet eine bestimmte Anzahl an Fragen richtig zu beantworten (ca. 80%). Der Ausgleich von Fehlern in einem Themengebiet durch ein anderes Themengebiet ist dabei nicht möglich.
In der praktischen Prüfung wird das Beherrschen von vorher bekannten Manövern wie z.B. An- und Ablegen sowie das “Mann über Board”-Manöver verlangt. Darüber hinaus müssen acht bekannte Seemannsknoten (u.a. Palstek und Achtknoten) sicher beherrscht werden.
Die Anmeldung zur theoretischen sowie zur praktischen Prüfung kann als Privatperson erfolgen. Dies muss nicht zwingend durch eine Segelschule erfolgen.
Prüfungsvorbereitung
Die Prüfungsvorbereitung für die theoretische Prüfung zum Bodenseeschifferpatent kann in einer der zahlreichen Segelschulen um den Bodensee oder im Selbststudium erfolgen. Für das Selbststudium gibt es zahlreiche Möglichkeiten wie z.B den Onlinekurs Bodenseeschifferpatent24 oder das Lehrbuch Bodenseeschifferpatent kompakt Motorboot und Segelboot. Sowohl im Onlinekurs als auch im Lehrbuch ist der offizielle Fragenkatalog für die theoretische Prüfung enthalten und es werden auch Inhalte für die Praxis vermittelt. Darüber hinaus enthält das Buch einen kostenlosen 5-Tage-Zugang zum Onlinekurs.
Die Vorbereitung für die praktische Prüfung erfolgt über eine Segelschule, welche sich i.d.R. auch um die Anmeldung zur Prüfung kümmert und das Prüfungsboot stellt.
Anerkennung vorhandener Sportbootführerscheine
Als Inhaber anderer Sportbootführerscheine bzw. Befähigungsnachweise besteht in Deutschland die Möglichkeit sich von den theoretischen Segelfragen bzw. der praktischen Prüfung befreien zu lassen. Es werden der DSV-A-Schein, der Sportbootführerschein mit Geltungsbereich Binnen- und/oder Seeschifffahrtsstraßen sowie der Sportküstenschifferschein anerkannt.
Anerkennung des Bodenseeschifferpatent für andere Sportbootführerscheine
Das Bodenseeschifferpatent wird uneingeschränkt für den Sportbootführerschein mit dem Geltungsbereich Binnenschifffahrtsstraßen anerkannt. Diesen kann man sich gegen eine Gebühr ohne erneute Prüfung ausstellen lassen (Kategorie A: Deutscher Motoryachtverband e.V. / Kategorie D: Deutscher Seglerverband e.V).
Zum Bodenseeschifferpatent in einem Urlaub
Das Bodenseeschifferpatent ist ein überaus interessanter Bootsführerschein für Wassersportler. Zum einen ist der Bodensee ein sehr attraktives und großes Binnengewässer. Auch mehrtägige Touren mit Übernachtung in den kleinen Orten rund um den See sind möglich und lohnenswert. Zum anderen ist es z.B. durchaus machbar den Bootsführerschein für den Bodensee innerhalb eines Urlaubs inklusive der theoretischen und praktischen Prüfung zu erlangen. Die restlichen Urlaubstage können danach entspannt auf dem See verbracht werden.
Als Ergänzung zu einem bestehenden Bootsführerschein sind Aufwand und Kosten für die Prüfung gering. Durch die Anerkennung der praktischen Ausbildung von anderen Sportbootführerscheinen kann das Bodenseeschifferpatent allein durch das Bestehen der theoretischen Prüfung erlangt werden. Somit ist es auch für die Zielgruppe des kostenpflichtigen und wenig flexiblem Ferienpatent attraktiv.
Insbesondere für Einwohner der Bodenseeregion, aber auch für alle anderen Skipper, ist das Bodenseeschifferpatent in jedem Fall lohnenswert.
Buch: Bodenseeschifferpatent kompakt Motorboot und Segelboot
Über den Autor:
Daniel Hillwig ist begeisterter Bootssportler und Mitautor des Buches „Bodenseeschifferpatent kompakt Motorboot und Segelboot“.